Energieverteilungsanlagen in Münchner Multifunktionsarena

Energieverteilungsanlagen in Münchner Multifunktionsarena (Quelle: Siemens AG/Claus Heinemann Elektroanlagen)

Für die Eishockeyprofis des EHC Red Bull München ist es ein bedeutender Meilenstein: Nach viereinhalb Jahren Bauzeit bezogen sie zu Beginn der Saison 2024/25 ihre eigene Sportarena im Olympiapark der bayerischen Landeshauptstadt, den „SAP Garden“. Als Multifunktionsarena bietet der Neubau zudem den Bundesliga-Basketballern des FC Bayern München eine neue Heimat. Über 11500 Zuschauer finden Platz in der eleganten Halle mit rund 70 000 m2 Bruttogeschossfläche.

Anspruchsvolle Elektrotechnik

Eine so weiträumige Veranstaltungsstätte stellt auch besondere Anforderungen an die elektrotechnische Ausstattung: So muss insbesondere die elektrische Energieverteilung zum einen ausreichend groß dimensioniert sein und zum anderen hohe Standards in Sachen Verfügbarkeit und Sicherheit erfüllen. Im Fall des „SAP Garden“ kommt erschwerend hinzu, dass konventionelle, mit fossilen Brennstoffen betriebene Notstromaggregate im Zuge des Umweltschutzkonzepts im Olympiapark nicht erlaubt sind.

Im Vergabeprozess für die Elektrotechnik konnte Claus Heinemann Elektroanlagen den Bauherren und Betreiber der Arena, die Red Bull Stadion München GmbH, mit seinen über 120 Jahren Erfahrung in der Branche überzeugen. Als spezialisierter Installateur für das Gewerk Elektrotechnik ist Heinemann für die gesamte Werk- und Montageplanung, Installation und Wartung der Elektro anlagen verantwortlich. Der zertifizierte Elektrobetrieb realisiert innovative Lösungen, die maßgeschneidert auf alle elektrotechnischen Ansprüche des Komplexes zugeschnitten sind.

Um die geforderte hohe Verfügbarkeit ohne Notstromaggregate gewährleisten zu können, verfügt die Multifunktionsarena über zwei Direkteinspeisungen aus zwei unterschiedlichen Umspannwerken. Auch die komplette nachgeschaltete elektrische Energieverteilung ist redundant aufgebaut. Nach erfolgter Abnahme durch die Stadtwerke München ging die Anlage Mitte September 2023 in Betrieb.

„Totally Integrated Power“ und digitaler Zwilling

Im Einzelnen umfasst die realisierte Stromversorgungslösung eine Mittelspannungsschaltanlage NXAIR C, eine Niederspannungs-Schaltanlage Sivacon S8 sowie Schienenverteiler-Systeme Sivacon 8PS von Siemens Smart Infrastructure. Das zugrunde liegende Konzept „Totally Integrated Power“ (kurz TIP) bietet nachhaltige, effiziente und zuverlässige Stromversorgungslösungen mit digitalen Produkten und Systemen von Siemens.

Die Simaris-Planungstools unterstützen alle Beteiligten – vom Elektroplaner und Schaltanlagenbauer bis zum Betreiber dabei nachhaltig über den gesamten Lebenszyklus der Stromversorgungsanlage: von der Netzplanung über die Komponentenauslegung bis hin zum zu späteren Betrieb. Konkret kamen bei diesem Projekt mehrere Simaris-Tools zum Einsatz: Die Netzplanungssoftware Simaris Design ermöglichte die korrekte Dimensionierung und optimale Auslegung der einzelnen Anlagenteile. Die Planung der Schutz- und Schalttechnik in der Anlage erfolgte mit Simaris Configuration.

Eine zentrale Rolle spielt in diesem Zusammenhang die softwaregestützte Abbildung des Gebäudes in Form eines digitalen Zwillings mit BIM (Building Information Modeling). BIM beschreibt eine Arbeitsmethode für die vernetzte Planung, den Bau und die Bewirtschaftung von Gebäuden sowie anderen Bauwerken mithilfe von Software. Dabei werden alle relevanten Bauwerksdaten digital modelliert, kombiniert und erfasst. Die Simaris-Planungstools ermöglichen die Ausleitung aller relevanten Informationen als BIM-Daten, und zwar sowohl im geplanten (as planned) als auch im tatsächlich realisierten Zustand (as built). BIM bietet bereits in der frühen Planungsphase Vorteile, da das gesamte Gebäude mit allen Gewerken im virtuellen Digitalmodell simuliert, getestet und bei Bedarf korrigiert werden kann. Darüber hinaus lassen sich Informationen über den späteren Rückbau sowie Recyclingmöglichkeiten schon in der Entstehungsphase erheben und berücksichtigen. Aber auch im späteren Anlagenbetrieb erschließt der Einsatz eines digitalen Zwillings große Potenziale, etwa in Bezug auf Energieeffizienz, Nutzungsänderungen oder Unterstützung des After-Sales-Supports.

Parallele Mittelspannungsschaltanlagen

Die beiden parallelen Mittelspannungsschaltanlagen an den Stromübergabestationen im Norden und Süden der Arena umfassen insgesamt 21 Felder. Dabei handelt es sich um eine luftisolierte Mittelspannungsschaltanlage aus der NXAIR-Familie. Die Anlagen sind ab Werk typgeprüft nach IEC 62271-200. Mit Luft nutzen sie ein umweltfreundliches Isoliermedium. Weltweit sind inzwischen weit über 610 000 luftisolierte Schaltfelder von Siemens in Betrieb.

Der im „SAP Garden“ verbaute Typ NXAIR C ist für Stromstärken bis 50 kA (für 1 s) ausgelegt. Die Anlage verfügt über ein mechanisches Abfrageverriegelungssystem und erfüllt die Störlichtbogen-Qualifikation IAC A FLR. Durch ihre kompakte Grundfläche und flexible Druckentlastungssysteme nach außen ermöglicht sie eine effiziente Raumnutzung. Wartungsintervalle von über zehn Jahren und eine einfache Bedienphilosophie sorgen für eine kurze Amortisationszeit.

Kompakte Schutzgeräte der Reihe Siprotec 5 erfassen eine Vielzahl verschiedener Messwerte und Netzzustandsgrößen. Ausgestattet mit zahlreichen Ein- und Ausgängen, bieten sie einen universellen Funktionsumfang. Das bedeutet: Die Siprotec-5-Geräte lassen sich je nach individueller Anwendung flexibel, schnell und einfach auslegen. Somit können sie beispielsweise für den Schutz von Abzweigen und Motoren konfiguriert werden. Nicht zuletzt ist die Mittelspannungsschaltanlage auf eine lange Lebensdauer von mindestens 30 Jahren ausgelegt, was die Energiebilanz verbessert. Die verbauten Materialien sind ohne Spezialkenntnisse vollständig recyclebar.

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