KI und digitale Zwillinge: Vom Datenchaos zum technischen Monitoring (Quelle: Entendix)
Infolge der Einführung strengerer Regularien, wie die des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) oder der neuen EU-Gebäuderichtlinie (EPBD), wird die Einführung eines technischen Monitorings (TMon) für Nichtwohngebäude zunehmend Pflicht. Mit der aktuellen GEG-Regelung trifft diese Verpflichtung eines TMons seit dem 1. Januar 2024 auf Gebäude mit einer Nennleistung von mehr als 290 kW zu [1]. Die aktuelle EPBD-Richtlinie verschärft diese Anforderung in den kommenden Jahren und senkt die Grenze auf Gebäude mit mehr als 70 kW Nennleistung [2].
Allerdings existieren Hindernisse, welche eine breite Nutzung von TMon-Anwendungen erschweren: hohe Komplexität, hohe Kosten und fehlende Datengrundlagen innerhalb der Gebäude. Als wesentliches Hindernis erweist sich die Heterogenität der verwendeten Kommunikationsprotokolle sowie die unterschiedliche Bezeichnung der übermittelten Informationen. Die Integration der Betriebsdaten in ein TMon erfordert die Verarbeitung verschiedener Protokolle sowie die korrekte Analyse der übermittelten Informationen.
Die flächendeckende Einführung von TMon wird durch hersteller- und betreiberspezifische Benutzeradressierungssysteme (BAS) zusätzlich erschwert, da die übertragenen Datenpunkte zunächst einer manuellen Analyse unterzogen und anschließend manuell in das Monitoring integriert werden müssen. Dieser Prozess ist mit einem beträchtlichen Zeitaufwand und hohen Kosten verbunden.
KI-basierte Lösung für automatisierte Datenverarbeitung
Eine Möglichkeit zur Reduktion des Aufwands besteht in der automatisierten Verarbeitung und Abbildung der heterogenen Daten auf einen einheitlichen Standard mithilfe von künstlicher Intelligenz (KI). Moderne KI-Algorithmen, insbesondere im Bereich des Natural Language Processing (NLP), sind gegenwärtig in der Lage ein großes Spektrum an Aufgaben zu bewältigen, das über das reine Textverständnis hinausgeht [3]. Die Fähigkeit, komplexe Zusammenhänge in technischen Daten zu erkennen und automatisch zu extrahieren, erlaubt die Generierung digitaler Zwillinge der technischen Anlagen und ihrer Komponenten basierend auf vereinheitlichten Daten. Der automatisierte Zugriff auf die Daten im Rahmen des technischen Monitorings erlaubt eine Vereinfachung des Betriebs von Gebäuden.
Automatisierte Übersetzung heterogener Datenpunktbezeichnungen
Die Übersetzung der heterogenen Datenpunktbezeichnungen erfolgt bei Entendix unter Verwendung spezifisch trainierter NLP-Modelle. Die genannten Modelle sind in der Lage, die oft uneinheitlich benannten Datenpunkte, die über verschiedene Gebäudeautomationssysteme hinweg existieren, auf ein einheitliches Vokabular abzubilden [4]. Im Rahmen der Analyse werden Informationen eines Bacnet-Datenpunkts, wie etwa der Object Name, die Description sowie der Object Type, in einem mehrstufigen Prozess klassifiziert. Das Modell ordnet den Datenpunkt einem Gewerk, einer Anlage, einer technischen Komponente sowie schließlich einer Funktion zu (Bild 1).
Der Name und die Description eines Datenpunkts werden durch das KI-Modell verarbeitet und automatisiert klassifiziert. Der Datenpunkt wird hierbei zunächst dem Gewerk „Lufttechnische Anlagen“ zugeordnet. In Abhängigkeit dieser Zuordnung werden als weitere Ergebnisse die Klassen Zuluftanlage, Ventilator und Schaltbefehl vergeben. Der Vorteil der trainierten Modelle liegt in ihrer Flexibilität und allgemeinen Anwendbarkeit. Durch das vielfältige Training auf unterschiedlichen BAS-Systemen können sie auch unbekannte Adressierungssysteme korrekt zuordnen, ohne dass manuelle Annotationen oder feste Regeln notwendig sind.
Digitale Zwillinge als Basis des technischen Monitorings
Im Anschluss erfolgt die Generierung digitaler Zwillinge der Gebäude und technischer Anlagen auf Basis der klassifizierten Datenpunkte. Im Rahmen des Prozesses werden sämtliche klassifizierten Datenpunkte eines Gebäudes berücksichtigt. In Abhängigkeit der identifizierten Gewerke erfolgt die Erstellung entsprechender digitaler Zwillinge. Wurden beispielsweise die Gewerke „Wärmeversorgung“ und „Lufttechnische Anlagen“ durch den NLP-Algorithmus identifiziert, so erfolgt im Anschluss die Generierung digitaler Zwillinge für diese Gewerke.
Der Prozess erstreckt sich bis auf die Komponentenebene, sodass ein hierarchischer Baum entsteht, der die realen technischen Anlagen eines Gebäudes digital abbildet. Ein besonderer Vorteil der digitalen Zwillinge besteht in ihrer Flexibilität und Skalierbarkeit. Eine Erweiterung um neue Systeme oder Anlagenkomponenten ist problemlos möglich [5]. Des Weiteren gestatten sie eine detaillierte Visualisierung der Gebäudetechnik, wodurch eine fundierte Analyse und Optimierung des Betriebs ermöglicht wird.