Täter und Opfer bei nichtlinearen Lasten

Bei nichtlinearen Lasten handelt es sich um Verbraucher, die mehr oder weniger stark oberschwingungsbehaftete Ströme bewirken und so über die Netzimpedanz die Sinusform der Ausgangsspannung verzerren. Diese Spannungsverzerrung erhöht sich, je mehr Leistungselektronik zum Einsatz kommt. Und hier ist die Tendenz gerade in der Gebäudeautomation stark steigend.

Unter nichtlineare Lasten, die Oberschwingungen ins Netz zurückspeisen, fallen beispielsweise drehzahlvariable Antriebe von Kompressoren, Pumpen und Lüftern, Aufzugsanlagen und Fördertreppen, USV-Anlagen oder einfache Betriebsmittel wie DDC-Steuerungen, MSR-Technik und IPC. Aber auch gewöhnliche Geräte in Endstromkreisen – beispielsweise Drucker, Computer, Monitore und Leuchtstofflampen – begünstigen das Spannungs- und Frequenzchaos. Diese Geräte sind aber nicht nur Täter im Sinne der Verursacher, sondern sie sind gleichermaßen Opfer, da sich ihre eigene Lebenszeit verkürzt. Hier trifft es Transformatoren, Motoren und Generatoren, die durch Oberschwingungen thermischen Überbelastungen ausgesetzt sind. Zudem können magnetomotorische Kräfte bestimmter Oberschwingungen gegenläufige Motorwellen-Drehmomente bewirken und begünstigen so zusätzlich die mechanische Abnutzung von Motoren.

Ganzheitliche Energieziele

Energieeffizienzmaßnahmen, die einerseits zur Kostensenkung und Ressourcenschonung implementiert wurden, können andererseits eine erhöhte Netzqualitätsbelastung hervorrufen – daher sollten sie Teil der angestrebten Energieeffizienzbetrachtung sein. Ein Beispiel dieser ganzheitlichen Energiezielverfolgung verdeutlicht dies: In einem Lebensmittel- und Getränkewerk werden hocheffiziente Kompressormotoren als Teil einer Energie- und Kosteneinsparstrategie eingesetzt. Sie verringern den Energieverbrauch und senken die Energiekosten signifikant. Allerdings erzeugen die leichteren und elektronisch gesteuerten Motorwicklungen Oberschwingungen. Ein Raum voller Kompressoren wird also eine Reduzierung des Energieverbrauchs zeigen, aber die durch die entstehenden Oberschwingungen auftretende Netzbelastung wirkt sich wiederum in der Gesamtbilanz schmälernd aus.

Dirty Power - der Schmutz im Netz

Es sind jedoch nicht nur die Oberschwingungen, die eine Vielzahl von Störungen oder Beschädigungen in der Niederspannungsanlage verursachen. Auch Transienten – bedingt durch Schalthandlungen aber auch Blitzeinschläge – oder Netzasymmetrien, die durch unterschiedliche Belastungen einzelner Phasen auftreten, beeinflussen die Netzqualität negativ. Sie alle "verschmutzen" die elektrische Energieversorgung und begünstigen Brandgefahr, Verschleiß sowie die Verkürzung von Anlagenlebenszyklen und ungeplante Ausfallzeiten mit erhöhten Wartungsaufwänden. In der Fachliteratur werden diese durch nichtlineare Lasten hervorgerufenen Verunreinigungen als Netzverschmutzung (Dirty Power) bezeichnet.

Die Kompensation einer unzuverlässigen Stromversorgung aufgrund von Dirty Power bestand nun lange Zeit darin, teure Redundanz vorzuhalten (mehrere Versorgungsleitungen, Back-up-Erzeugung, USV) oder überdimensionale Transformatoren einzusetzen. Der Redundanzansatz hilft zweifelsohne, einen Stromausfall oder eine Störung zu überwinden, aber – und das ist entscheidend – er wird die Ursachen nicht beseitigen.

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