Untersuchung realitätsnaher Verkabelungsstrukturen
SPE-T1-CIM-SF – Steckverbinder mit IDC-Schnellanschluss für Anschlussquerschnitte von AWG 26 bis 22 AWG (Quelle: Phoenix Contact, jamesteohart@shutterstock)
T-förmige Leitungsanordnung bestehend aus einer Stammleitung mit einer abzweigenden Stichleitung unterschiedlicher Länge (Quelle: Phoenix Contact, jamesteohart@shutterstock; Grafik: b&a)
Bei der Wiederverwendung von bestehenden Infrastrukturen von Busleitungen können unbekannte Topologien vorliegen. Unter Umständen lassen sich die verlegten Leitungen nicht zurückbauen oder die Aufwendungen dafür sind sehr groß. In solchen Fällen bleiben die bestehenden Installationen häufig unberührt. Der Übertragungsweg ist mit einer Stichleitung behaftet, die unterschiedlich lang sein kann.
Exemplarisch wurde eine T-förmige Leitungsanordnung untersucht, die aus einer Stammleitung besteht, von der unterschiedlich lange Stichleitungen abzweigen.
Die Auswertung der Messergebnisse zeigte, dass sich kurze Leitungslängen und vor allem nicht terminierte Leitungsenden als problematisch erweisen. Lange Leitungen und mit der Leitungsimpedanz terminierte Leitungen zeigten RL-Messwerte, die für die Nutzbarkeit zur Übertragung von SPE sprechen.
Signalbasierte Untersuchungen
Zur Ermittlung der maximalen Reichweiten für SPE bei der KNX-Busleitung und dem Schaltdraht wurden zwei Evaluation Boards eingesetzt, die die Messung des Signal to Noise Ratio (SNR) und des Slicer Maximum Absolute Error erlauben.
Für die KNX-Busleitung wurde eine maximale Reichweite von 420 m erreicht, dabei lag das Minimum des SNR bei 30,1 dB und der Slicer Maximum Absolute Error bei 0,15. Beim Schaltdraht wurde eine maximale Reichweite von 910 m erreicht und die Werte lagen für das SNR knapp unter 27,6 dB und beim Slicer Maximum Absolute Error bei 0,19.
Der SNR-Grenzwert der beiden Boards ist mit 20,5 dB angegeben. Ab diesem Grenzwert wird die Signalintegrität so schlecht, dass keine Kommunikation mehr möglich ist. Da beide Boards auf Autonegotiation eingestellt waren, liegt nahe, dass diese Einstellung ebenfalls Einfluss auf Reichweite hat.
Fazit
Inwieweit sich bestehende Infrastrukturen von Busleitungen für die Übertragung von SPE wiederverwenden lassen, hängt von unterschiedlichen Faktoren ab. Zum einen ist die vorliegende Topologie für die Nutzbarkeit ausschlaggebend. Falls Übertragungswege mit Stichleitungen behaftet sind, sollten diese möglichst entfernt werden. Ist dies nicht möglich oder zu aufwendig, ist in jedem Fall eine Terminierung des offenen Leitungsendes notwendig. Die Leitungsimpedanz hat einen wesentlichen Einfluss auf die Reflexion der gesendeten Signale und auf die Reichweite. Je näher die Impedanz der Leitung an den für SPE geforderten 100 Ω liegt, desto weniger Leistung geht in Reflexionen verloren. Obwohl die Impedanz der KNX-Busleitung mit 75 Ω deutlich unterhalb des Sollwerts liegt, konnte dennoch eine Reichweite von über 400 m erreicht werden.
Bevor eine bestehende Infrastruktur für SPE wiederverwendet wird, ist grundsätzlich eine Qualifizierung der Leitungen mit einem geeigneten Feldmessgerät empfohlen. Nur so kann sichergestellt werden, dass eine SPE-Übertragung möglich ist. Für kurze Distanzen zwischen den beiden Teilnehmern sollte der Fokus auf der Messung der Reflexionen liegen. Dadurch können die Einflüsse von gegebenenfalls abweichender Topologie oder anderen Störstellen besser beurteilt werden. Bei großen Distanzen ist in der Regel die Dämpfung des Signals der beschränkende Faktor. Bei Einhaltung der Grenzwerte ist eine Verwendung des Kanals möglich.
Weiter haben die Untersuchungen gezeigt, dass selbst bei Überschreitung der normativen Grenzwerte eine Verwendung möglich ist. Es ist sehr wahrscheinlich, dass solche Fälle in der Praxis häufiger vorkommen. Daher ist es sinnvoll, mit SPE-fähigen Geräten die Signalqualität mittels SNR und Slicer Maximum Absolute Error zu überprüfen, sofern die verfügbaren SPE-Geräte dies unterstützen. So lassen sich die wiederzuverwendenden Kanäle auf eine hinreichende Übertragungsqualität und Signalintegrität überprüfen.