Gleichstrom der Strom der Zukunft
Wurde Gleichstrom bisher vor allem im Schienenverkehr eingesetzt, erlebt sie mit der Energiewende einen gewaltigen Aufwärtstrend, weil damit Strom effizient gespeichert werden kann. Da im Gegensatz zur Wechselstromtechnik beim Trennen von Gleichstromverbindungen gefährliche Lichtbögen mit hoher Brandgefahr entstehen, sind Schütze, also Schalter für große elektrische Leistungen, ein wesentlicher Beitrag für die Sicherheit von Mensch und Maschine. Sie kommen in Wechselrichtern von Solaranlagen, in Batteriespeichern oder Prüfständen, aber auch in Elektrofahrzeugen aller Art zum Einsatz. Ein weiteres Einsatzgebiet sind Ladesäulen, da das Laden mit Gleichstrom Elektrofahrzeugen bei relativ kurzer Ladezeit große Reichweiten ermöglicht.
Neue Wege, neue Herausforderungen
Doch auch ohne diese zusätzlichen Herausforderungen war der Bautechnisch und planerisch anspruchsvoll. Da es für Gleichstromanwendungen in Deutschland bisher noch keine DIN Normen gibt, musste Schaltbau bei der Installation des hauseigenen Gleichstromnetzes neue Wege gehen.
Allein die Suche nach einem geeigneten Fachplaner gestaltete sich herausfordernd: Sogenannte „DC Fachplaner“ existieren nicht, nach über 80 angefragten Elektroplanern und Ingenieurbüros konnte man schlussendlich ein Planungsbüro für sich gewinnen, welches sich die Planung und Auslegung des Gleichstromnetzes grundsätzlich vorstellen konnte. Anschließend stand dann die Suche nach einem geeigneten Handwerks und Installationsbetrieb aus, der wiederum für die Realisierung zuständig ist.
Auch diese Suche gestaltete sich mehr als schwierig, da sich am Markt bis dato eine ähnliche Situation abzeichnete wie jene bei den Planungsbüros. Die überwältigende Mehrheit der Firmen stützte sich auf die geltende Normenlage, welche im Beispiel Wechselstrom (VDE 0100 sichere Elektroinstallationen durchführen) präzise vorgibt, wie elektrische Installationen aufgebaut, gesichert und betrieben werden können respektive müssen. Im Beispiel Gleichstrom fehlt jene wesentliche Stütze bis heute.
Zudem waren und sind serienreife und zertifizierte Gleichstromkomponenten am Markt Mangelware. Auch dies ist in der fehlenden Normenlage begründet, die potenzielle Anbieter in der Gleichstromtechnik noch mit Vorsicht walten lässt. Gerade Schutzelemente sind für den sicheren Betrieb von Gleichstromnetzen elementar. Im Vergleich zum Wechselstrom kann ein Gleichstromnetz höhere Leistungen bei gleichen oder gar geringeren Kabelquerschnitten übertragen. Zugleich existieren im Netz hohe Kapazitäten und gerade im Bereich von Maschinenstromkreisen ist es unabdingbar, die dort tätigen Mitarbeiter vor potenziellen Gefahren wie Lichtbögen zu schützen.
Abschalt und Reaktionszeiten im Mikrosekunden Bereich
Darüber hinaus ist es im Sinne des Anwenders, dass auch die verbauten Komponenten im Falle einer Überspannung geschützt und sicher von der Störquelle getrennt werden. Klassische Schutzelemente wie Schmelzsicherungen kommen hier schnell an ihre Grenzen, sind doch in einem DC-Microgrid deutlich schnellere Abschalt- und Reaktionszeitenteils im Mikrosekunden-Bereich erforderlich. Um letztere zu realisieren und den sicheren Betrieb in allen Schutzzonen eines Microgrids zu gewährleisten, bedarf es neuer Komponenten beispielhaft hybrider Schaltelemente.
Hinzu kommt für Schaltbau die Tatsache, dass auch öffentliche Institutionen und Behörden sowie Verteilnetzbetreiber noch keine Berührungspunkte mit solch innovativen Konzeptansätzen wie jenem der NExT Factory hatten und demzufolge sehr vorsichtigagieren hinsichtlich Abnahmen, Genehmigungen und Entscheidungsprozessen. Beispielhaft befindet sich Schaltbau in einer anhaltenden Diskussion bzgl. Abschaltmaßnahmen bei Störungen im öffentlichen Verteilstromnetz. Das Gleichstromnetz der NExT Factory ist nicht auf der DC-Seite sondern über die Sternpunkte der Trafos auf der AC-Seite geerdet. Wenn also letztere aufgrund einer Störung abschaltgefährdet sind, verliert das DC Grid seinen ursprünglichen Erdungscharakter und geht über in ein nicht geerdetes, ein sogenanntes IT-Netz.
Weiterhin gibt es strikte Anforderungen beispielsweise die technischen Anschlussregelungen der Netzbetreiber die es zu beachten gilt. Auch diese sind jedoch für klassische Wechselstromanlagen ausgelegt, Punkte zu einem DC-Grid sind hier erst einmal nicht zu finden. Dies bedeutet alle Schnittstellen bzw. Schnittstellenkomponenten, die ein Bindeglied zum Netz des Verteilnetzbetreibers darstellen, müssen in Gänze den TAB entsprechen und entsprechend netzkonform ausgeführt sein.
Dies trifft am Beispiel der NExT Factory vor allem auf die speziell projektierten AICs (Active Infeed Converter) zu, welche im Kern als bidirektionale Umrichter fungieren. Für zusätzliche Abnahmen von Sachverständigen, Versicherungen muss ein eindeutiger Nachweis erbracht werden, dass die bei Schaltbau erstmalig umgesetzte Installation die Mindestanforderungen des Stands der Technik erfüllt.