Die Erzeugung von „grünem“ Wasserstoff in Deutschland muss durch Importe ergänzt werden
„Wasserstoff kann als chemischer Energieträger in vielen Anwendungsfeldern als Endenergie genutzt werden, z.B. als Kraftstoff im Verkehr, oder weiter konvertiert werden in chemische synthetische Energieträger und Chemierohstoffe unter Hinzuziehung von Kohlenstoff aus CO2 oder von Stickstoff, beispielsweise zur Herstellung von Düngemittel. Das wirtschaftlich zu erschließende Erzeugungspotenzial über Elektrolyse mit regenerativen Strom ist in Deutschland aber begrenzt. Daher müssen wir gut transportierbare synthetische Energieträger auch in Regionen mit sehr guten Potenzialen für Solarenergie und Windenergie herstellen und von dort importieren“, erklärt C. Hoffmann aus der Systemsicht. Aber auch der Import von Wasserstoff hat laut Studie ein begrenztes wirtschaftliches Potenzial.
Wärmepumpentechnologie bietet Vorteile für die Gebäudewärmeversorgung
„Aufgrund des wirtschaftlich begrenzten Erzeugungspotenzials von Wasserstoff in Deutschland und Europa sollten wir ihn vor allem dort einsetzen, wo es keine wirtschaftlichen Alternativen gibt oder er besondere Vorteile gegenüber anderen Optionen aufweist“, so C. Hoffmann. Genannt werden hier Bereiche, in denen bisher „grauer“, also aus Erdgasreformation gewonnener Wasserstoff genutzt wird, wie Ammoniaksynthese und Raffinerien sowie die Prozesswärme z. B. in der Stahlherstellung. „Für eine Versorgung der dezentralen Gebäudewärme ist der Einsatz von Wasserstoff nach unseren Erkenntnissen nicht notwendig und auch aus Kosten- und Effizienzgründen nicht sinnvoll. Denn die benötigte erneuerbare Energiemenge zur Bereitstellung von Niedertemperaturwärme mit Wasserstoff ist um 500 % bis 600 % höher gegenüber der Wärmepumpe. Selbst in einem dicht besiedelten Land wie Deutschland besteht ein ausreichendes Potenzial von Strom aus Windenergie und Photovoltaik, um die hohen Nachfragepotenziale einer direkten Stromnutzung in den Bereichen Elektromobilität, Industrieprozesswärme und Gebäudewärme zu versorgen“, stellt C. Hoffmann fest. „Für die Versorgung von Gebäuden bietet die effiziente Wärmepumpentechnologie mittlerweile umfassende Lösungen, um den für einen schnellen Markthochlauf teilweise notwendigen Einsatz in unsanierten Bestandsgebäuden effizient zu ermöglichen.“ Dabei kann die elektrische Versorgungssicherheit in einem wetterabhängigen Energiesystem in der kalten Dunkelflaute trotz der erhöhten Stromnachfrage mit moderaten zusätzlichen Gaskraftwerkskapazitäten zu geringen Mehrkosten gewährleistet werden. Auch für das Stromnetz ergeben sich daraus keine besonderen Herausforderungen. Die Ausbaukosten für das Stromnetz werden überwiegend durch die zur Erreichung der Klimaziele notwendige erneuerbare Stromerzeugung und die Elektromobilität bestimmt. Die zusätzlichen Netzkosten für den Einsatz von Wärmepumpen sind gering.
„Grüner“ und „blauer“ Wasserstoff
Die technischeund wirtschaftliche Reife der Bereitstellung von Gebäudewärme aus elektrischem Strom mithilfe der Wärmepumpe sowie die Bereitstellung von CO2- freiem „grünem“ Wasserstoff für industrielle Prozesse und Mobilität ist hoch. Beim CO2-armen „blauen“ Wasserstoff ist derzeit unklar, ob die Behandlung der technischen Probleme der Herstellung und des Transportes dazu führen, dass er überhaupt wirtschaftlicher sein kann als der elektrolytisch hergestellte grüne Wasserstoff. „Insbesondere aber muss die Energieforschung beim ‚blauen’ Wasserstoff frühzeitig darauf hinweisen, dass die Erzeugung hoch konzentrierten Kohlendioxids in Mengengerüsten von Milliarden von Kubikmetern jährlich – wenn dieser Wasserstoff einen signifikanten Beitrag zum zukünftigen Energiesystem beitragen soll – Fragen aufwirft, die ähnlich sind wie jene, die an die Kernenergie zu stellen waren: Nämlich die Frage nach der Größe eines größten anzunehmenden Unfalls (GAU) und die Wahrscheinlichkeit dafür. Diese Fragen werden derzeit noch nicht aufgeworfen und es kann deshalb der Eindruck entstehen, dass der ‚blaue’ Wasserstoff bereits eine reale Alternative zur Energiesystemtransformation darstellt. Dies ist nicht der Fall und wissenschaftliche Verantwortung muss darauf hinweisen“, stellt Hoffmann, der früher für die Kernfusion forschte, mahnend fest.