Haus als Tankstelle

Der Strom aus der Photovoltaikanlage wird auch für das Elektroauto genutzt. Die Familie fährt damit rund 7.000 km im Jahr. In zehn bis elf Monaten tankt sie ausschließlich Solarstrom. Das Elektroauto und die Ladesäule hat die Envia Mitteldeutsche Energie AG zu Forschungszwecken zur Verfügung gestellt. Im Rahmen der Forschung hat der Energieversorger und -dienstleister auch den Wärme ­speicher in dem Haus, das als Büro genutzt wird, mit ­Power-to-heat bewirtschaftet.

"Ein Haus als Tankstelle für Solarstrom: Das ist die Zukunft", sagt Prof. T. Leukefeld. Mit kleinen Extras leistet er weitere Beiträge zum Klimaschutz. So gibt es beispielsweise für jedes Haus eine eigene Brunnenwasserversorgung für das WC und die Gartenbewässerung.

"Wir wollten Klimaschutz im Bauen und Wohnen durch ein neues solarbasiertes Konzept attraktiv machen", sagt Prof. T. Leukefeld: "Die heute üblichen Ansätze sind Gängelei: Wir sollen die Fenster geschlossen halten, die Temperatur herunterregeln und das Licht ausschalten, um Energie zu sparen. So wird keine Lust am Energiesparen geweckt. Mit unserem Konzept der energieautarken Gebäude ermög ­lichen wir intelligentes Verschwenden anstatt blödem Sparen dank Solarenergie."

Erstes energieautarkes Mehrfamilienhaus mit Pauschalmiete und Energieflatrate

Ein weiteres Projekt hat die Spar + Baugesellschaft e. G. am 19. Dezember 2018 in Wilhelmshaven eingeweiht: das erste energieautarke Mehrfamilienhaus Niedersachsens. Mit großen Solarthermie- und Photovoltaikanlagen auf dem Dach, an der Fassade und an den Balkonen werden rund 70 % des Energiebedarfs für Wärme und Strom solar erzeugt. Dies macht es der Wohnungsgenossenschaft möglich, ihren Mietern eine Pauschalmiete einschließlich Energieflatrate anzubieten. Darin enthalten ist auch der überschüssige Solarstrom, den die Mieter in ihren Elektroautos nutzen können.

Verbrauchsunabhängige Pauschalmiete

"Die Wohnungen waren in kürzester Zeit vermietet, die Nachfrage war deutlich höher als das Angebot", sagt Peter Krupinski, Vorstandsmitglied der Spar + Bau. Die Mietverträge wurden zum 1. Januar 2019 abgeschlossen, die ersten Mieter ziehen Ende Dezember ein. Sie werden keine Betriebs- und Heizkosten zahlen, sondern eine verbrauchsunabhängige Pauschalmiete von 10,50 € je Qua ­dratmeter und Monat. Das ist ein Novum in Deutschland. "Mit den Mietern wurden auskömmliche Verbrauchs ­obergrenzen vereinbart", ­ergänzt P. Krupinski. Für Strom und die Heizung liegt die Obergrenze bei jeweils 3.000 kWh jährlich, beim Wasser beträgt sie 100 m ³ im Jahr. Darüber hinausgehende Verbräuche würden individuell abgerechnet. Displays in den Wohnungen zeigen den Mietern ihre Verbrauchsdaten tagesaktuell an.

Prof. T. Leukefeld hat auch hier das ­autarke Energiekonzept geplant, das Modell der Pauschalmiete mit Energieflat entwickelt und das Bauprojekt begleitet. Er ist Mitglied im Vorstand des Sonnenhaus-Instituts e. V., Deggendorf. Auf das Sonnenhaus-Konzept, bei dem mindestens 50 % des Wärmebedarfs solar erzeugt werden, geht das Energiekonzept in Wilhelmshaven zurück. Da diese Untergrenze auch bei der Stromversorgung deutlich überschritten wird, handelt es sich hier um ein "Sonnenhaus autark".

Von der Projektierung bis zur Fertigstellung sind nur 24 Monate vergangen. Rund 2,47 Mio. € hat die Wohnungs ­genossenschaft in das Vorzeigeprojekt investiert.

Zwei weitere energieautarke Mehrfamilienhäuser nach Prof. T. Leukefelds Konzept wurden im Jahr 2018 in Cottbus gebaut. Die Wohnungsgenossenschaft e. G. Wohnen 1902 wird ihren Mietern ebenfalls eine Pauschalmiete mit Energieflatrate in Höhe von 10,50 € je Quadratmeter und Monat bieten. Auch diese Häuser sind in Kürze bezugsbereit.