Scan-to-CAD und Scan-to-BIM: Zeitalter der digitalen Gebäudevermessung

Scan-to-CAD und Scan-to-BIM: Zeitalter der digitalen Gebäudevermessung (Quelle: Parallelum)

Wie bei allen Sanierungs- und Umbauprojekten liegt der Kern von einem optimalen Endergebnis in einer ausführlichen Planung. Bei Sanierungsprojekten von Bestandsgebäuden sehen sich Fachplaner bereits früh mit einem großen Problem konfrontiert: Nicht selten fehlen Grundrisspläne und ebenso häufig technische Zeichnungen, wie Leitungs-, Schalt- und Energieverteilungspläne, mit Informationen über die Positionierung von Anlagen oder Leitungen der Heizungs-, Sanitär- und Elektrotechnik.

Für einen neuen Ausbau benötigen sie allerdings den Ist-Zustand, um die neue Ausrüstung einzuplanen und Kollisionen zu vermeiden. Dies gelingt nur mit einer Bestandsaufnahme des Gebäudes, in der alle geometrischen Raumstrukturen und, soweit möglich, die Infrastruktur mit allen Rohren, Leitungen, Kabelverläufen und Anlagen neu aufgenommen werden. Immer noch werden dafür häufig herkömmliche Methoden zur Bestandsaufnahme, wie ein Maßband, Entfernungsmesser oder Fotodokumentation, verwendet. Doch solch eine manuelle Aufnahme kostet Zeit und es können sich leicht Ungenauigkeiten mit gravierenden Folgen einschleichen.

Werden für die Installation eines neuen Heizungs- und Lüftungssystems Pläne verwendet, die aus manuellen Messungen resultieren, besteht das Risiko, dass bereits ein händischer Zahlendreher für Abweichungen in den Maßangaben sorgt. Das kann dazu führen, dass die Rohre nicht korrekt verlegt werden können, was möglicherweise kostspielige Nacharbeiten und einen verlängerten Zeitrahmen des Projekts zur Folge hat. Ebenfalls können Verzögerungen oder Fehler entstehen, wenn eine Zuordnung der Fotoaufnahmen zu den entsprechenden Räumen nicht möglich ist oder Aufnahmen fehlen. Dies kann einen wiederholten Besuch der Baustelle erforderlich machen.

Ein weiteres Problem zeigt sich in der mangelnden Anpassungsfähigkeit von nicht digitalen Plänen: Kommt es zu spontanen Änderungen an den elektrischen Installationen, beispielsweise aufgrund neuer Vorschriften, müssen die Fachplaner die Änderungen manuell in allen bestehenden Plänen integrieren. Besonders zeitaufwendig bei größeren Wohnbauprojekten oder ganzen Industrieanlagen.

Diese Problemfelder des klassischen Planungs- und Ausführungsprozesses treten in der heutigen Zeit, in der die Gewerke mit Fachkräftemangel und einem hohen Arbeitsvolumen kämpfen und gleichzeitig dazu angehalten sind, Ressourcen und Energie zu sparen, immer deutlicher hervor. Zusätzlich werden die technischen Voraussetzungen für Gebäude mit dem Aufkommen von erneuerbaren Energien sowie moderner Heiz-, Lüftungs- und Klimatechnik immer komplexer.

Herkömmliche Entwurfs- und Ausführungsplanung kann nicht mehr die nötige Effizienz erbringen. Virtuelle Lösungen wie die digitale Vermessung und anschließende Verarbeitung der Daten zu 2D- und 3D-Modellen sowie Methoden wie Building Information Modeling (BIM) rücken deshalb in den Fokus, um neue Potenziale für die technische Gebäudeausrüstung und Elektroinstallation zu eröffnen.

Modelle voller Möglichkeiten

Eine händische Aufnahme von Gebäudedaten sowie die Arbeit mit Papierplänen und einfachen digitalen 2D-Plänen sind den Herausforderungen der Branche nicht mehr gewachsen. Um für die Entwurfsplanung schnell aktuelle Gebäudepläne zu erhalten, kann auf 3D-Laserscanning gesetzt werden: Moderne Geräte wie Standscanner, Handheldscanner oder Drohnen vermessen präzise die geometrischen Daten des Gebäudes und nehmen alle Raum-, Fassaden- und Dachflächen in kürzester Zeit auf. Durch die digitale Speicherung und Übertragung werden händische Fehler vermieden und es wird ein Datenverlust umgangen.

Die digitalen Messdaten können in ein Computer-Aided-Design-Softwareprogramm (CAD) integriert werden, ein Tool zur Erstellung von 3D- und 2D-Plänen, wie Querschnitten, Grundrissen, Lageplänen, technischen Zeichnungen und Geländemodellen, die für die Bauplanung zur Verfügung stehen. Für eine umfassende Planung neuer technischer Gebäudeausrüstung lassen sich diese virtuellen Modelle mit einer Vielzahl von wichtigen Informationen anreichern, beispielsweise mit Angaben über Bauteile wie Fenstergrößen und -position, Lage der Installationsschächte sowie Bereitstellungs- und Verbrauchspunkte von Strom, Gas und Wasser.

In der Entwurfs- und Ausführungsplanung ermöglicht ein 3D-Modell eine gewerkeübergreifende Planung für den gesamten Sanierungsprozess. Anders als bei händischen Plänen können alle im Bauprozess beteiligten Gewerke ortsunabhängigen Echtzeit-Zugriff auf das digitale Modell erhalten. Damit lässt sich die neue Gebäudeausrüstung kollaborativ planen. Im Gegensatz zu herkömmlichen Plänen werden hier mittels integrierten Modells sofort Kollisionen zwischen verschiedenen technischen Systemen wie Elektro und Sanitär erkannt und können damit im Vorfeld behoben werden.

Treten beispielsweise statische Probleme hinsichtlich der Verlegung von Rohren und Leitungen auf, können Architekten gemeinsam mit der TGA-Planung am Modell Alternativen durchtesten, wodurch die Qualität der Ausführung optimiert wird. Auch wird eine präzisere Planung der Elektroinstallation für die Platzierung von Leitungen, Schaltern und Steckdosen möglich. Dies führt zu einer effizienteren Nutzung des Raums mit einer Übersicht über die benötigten Materialien. Mit der Option, Simulationen und Auswirkungen vorab zu testen, kann zum Beispiel die Fließgeschwindigkeit von Abwasserrohren zur Ermittlung des optimalen Neigungswinkels vor Installation ausgetestet werden. Damit verringert sich die Fehlerquote in der Ausführung und die Bauzeit kann sich verringern. Mit der Integration von weiteren Gebäudedaten in das 3D-Modell wird sogar Building Information Modeling möglich.

 

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