
Überspannungsschutz und Feuerwehrschalter: PV-Anlagen jederzeit im Griff (Quelle: Weidmüller)
Herr Niggemann: Warum ist der Überspannungsschutz bei Photovoltaikanlagen so ein zentrales Thema?
P. Niggemann: Überspannungen, insbesondere durch Blitzeinschläge, sind ein ernstzunehmendes Risiko für Photovoltaikanlagen. In den meisten Fällen erfolgt der Einschlag nicht direkt in die Anlage, sondern in der Umgebung, etwa in einen Kirchturm oder einen hohen Baum. Die atmosphärische Überspannung kann sich dann über eine Distanz von bis zu 2 km ausbreiten. Wenn sie durch die Verkabelung der PV-Anlage ins Gebäudeinnere gelangt, kann das zu erheblichen Schäden an Wechselrichtern, Haushaltsgeräten und anderen elektrischen Verbrauchern führen. Das kann teuer werden – ist aber vermeidbar.
Wie lässt sich dieses Risiko durch geeignete Maßnahmen minimieren?
P. Niggemann: Die einfachste und effektivste Maßnahme ist der Einsatz von Überspannungsschutzgeräten. Diese sogenannten Generatoranschlusskästen werden an kritischen Punkten der Anlage installiert, um die überschüssige Spannung abzuleiten, bevor sie Schäden verursachen kann. Wichtig ist hierbei die richtige Platzierung. Der erste Überspannungsschutz sollte direkt am Eintrittspunkt der String-Leitungen ins Gebäude installiert werden. Das schützt das Gebäudeinnere und die elektrischen Verbraucher.
Welche normativen Anforderungen gibt es an die Installation von PV-Überspannungsschutz?
P. Niggemann: Hier greifen mehrere Normen, insbesondere die DIN VDE 0100-712 (VDE 0100-712) [1], die DIN EN 62305-3 Beiblatt 5 (VDE 0185-305-3 Beiblatt 5) [2] und die DIN CLC/TS 51643-32 (VDE V 0675-5-32) [3]. Laut diesen Vorschriften muss ein Überspannungsschutzgerät nicht nur am Gebäudeeintritt installiert werden, sondern unter Umständen auch ein weiteres Gerät vor oder im Wechselrichter. Diese Anforderung hängt davon ab, wie lang die Leitung zwischen den PV-Modulen und dem Wechselrichter ist. Wenn diese länger als 10 m ist, ist ein zweiter Überspannungsschutz vorgeschrieben.
Gibt es standardisierte Methoden, um den passenden Überspannungsschutz für eine Anlage zu finden?
P. Niggemann: Ja, und das ist ein wichtiger Punkt. Anstatt mühsam Datenblätter zu vergleichen, können Installateure mittlerweile digitale Auswahlhilfen, beispielsweise von Weidmüller, nutzen. Diese Tools bieten eine effiziente Möglichkeit, den passenden Überspannungsschutz basierend auf den spezifischen Anforderungen der Anlage und des Wechselrichters zu finden.
Neben dem Überspannungsschutz wird auch die automatische Notabschaltung im Brandfall immer häufiger gefordert. Was sind hier die Hintergründe?
P. Niggemann: Die Sicherheit von Rettungskräften, insbesondere der Feuerwehr, ist hier der entscheidende Faktor. Gebäudeversicherer und lokale Feuerwehren fordern zunehmend, dass gewerbliche und öffentliche Photovoltaikanlagen im Brandfall automatisch abgeschaltet werden. Das Ziel ist es, die DC-Leitungen im Gebäude spannungsfrei zu schalten, damit die Feuerwehr sicher arbeiten kann.
Wie funktioniert eine solche Abschaltung in der Praxis?
P. Niggemann: Es gibt verschiedene technische Lösungen, aber grundsätzlich basiert die automatische Abschaltung darauf, dass ein sogenannter Feuerwehrschalter bei Wegfall der Netzspannung die PV-Strings trennt. Sobald die Netzspannung unterbrochen wird – beispielsweise durch das Umlegen des Hauptschalters – sorgt der Feuerwehrschalter dafür, dass keine gefährlichen Spannungen mehr ins Gebäude gelangen.