Verstetigung durch mehrseitige Fassaden

Abbildung zum Thema Erzeugungsprofile unterschiedlich orientierter CIGS-PV-Anlagen.

Bild 04: Erzeugungsprofile unterschiedlich orientierter CIGS-PV-Anlagen. (Quelle: ZSW Baden-Württemberg)

Sofern sich die Möglichkeit bietet, kann die Installation von Modulen an Fassadenseiten mit unterschiedlicher Ausrichtung zum Himmel vorgenommen werden. Im Vergleich mit einer Aufdachanlage können sich hier interessante Ergebnisse zeigen. In Bild 4 wird eine solche Konstellation für die Orientierungen Südost (SO), Südwest (SW) und Nordwest (NW) für PV-Systeme an und auf dem Gebäude des Zentrums für Sonnenenergie- und Wasserstoff- Forschung Baden-Württemberg (ZSW) in Stuttgart illustriert, und zwar unterschieden in einen sonnigen Sommer- und einen sonnigen Wintertag. Es handelt sich jeweils um CIGS-Module (Kupfer-Indium-Gallium-Diselenid). Dabei sind das Dach und die Südostfassade zeitweise z. T. verschattet. Die Anlage auf dem Dach weist eine Neigung von 10° zur Horizontalen auf.

Für den Sommertag (28. Juni) zeigt sich (Bild 4): Die nach Südosten ausgerichtete Anlage erreicht ihre Spitzenerzeugung bereits am zeitigen Vormittag, der Südwestteil gegen 17 Uhr, der Nordwestteil schließlich nach 19 Uhr. Würden die drei Einzelkurven übereinandergelegt, so entfiele die für eine reine Südausrichtung typische Mittagsspitze, der Verlauf wäre ausgeglichener und das absolute Maximum würde sich erst gegen 18:30 Uhr einstellen; am Vor- und am späteren Nachmittag würde sich gegenüber einem südorientierten, geneigten PV-System auf dem Dach ein Zugewinn einstellen [4]. So ergibt sich ein netzdienliches und nutzerfreundliches Profil der Energieerzeugung, weil keine potenziell netzbelastende Einspeisespitze zu Mittag entsteht und der Eigenverbrauchsanteil vor- und nachmittags erhöht werden kann [1]. Für den Wintertag (6. Januar) ist unmittelbar offensichtlich, dass die nach Südosten und Südwesten ausgerichteten Fassaden schon jeweils für sich allein genommen beträchtlich mehr Strom als die Dachanlage (ohne Schneebedeckung) erzeugen (Bild 4).

Bifaziale Module

Eine besondere Facette von PV-Modulen, die sich auch bei Fassaden nutzen lässt, sind Zellen, die nicht nur auf ihrer Vorderseite, sondern auch rückseitig Licht sammeln und in Strom wandeln. Man spricht von bifazialen Modulen, ein bereits seit 1960 verfolgtes Konzept, das es auch in die Massenproduktion geschafft hat [5]. Bei optimaler Positionierung, Ausrichtung und Minimierung der Rückseitenverschattung lässt sich mit solchen Modulen im Vergleich zu konventionellen monofazialen Aggregaten ein Erzeugungsplus von 5 % bis 30 % erreichen [5]. Selbstredend kann so ggf. ein im Vergleich zu einer Dachinstallation ungünstigerer Neigungswinkel der Module relativiert werden. Einsatzmöglichkeiten ergeben sich z. B. bei Oberlichtern, Balustraden, Fassaden oder Treppenhäusern. Wichtig ist dabei, dass die Montagestruktur in ausreichendem Umfang Diffus- und Reflexionsstrahlung auf der Rückseite der Module ermöglicht. Als vorteilhaft erweist sich hier ein heller Hintergrund, der die Strahlung gut reflektiert (Albedo-Effekt). So beträgt der Reflexionsfaktor von Beton nur etwa 20 %, derjenige von weiß angestrichenem Beton dagegen 60 % bis 80 % [5]. Eine wichtige Kenngröße stellt auch der „Bifazialfaktor“ dar, mit dem das Verhältnis des Wirkungsgrads der Modulrückseite zu demjenigen der Vorderseite ausgedrückt wird und der sich gewöhnlich in einem Spektrum von 0,6 bis 0,9 bewegt [5].

Ein realisiertes Projekt mit bifazialen Modulen befindet sich im schweizerischen Neuchâtel am Forschungszentrum Centre Suisse d‘Electronique et de Microtechnique (CSEM) (Tabelle 1). Zur Befestigung der Module wurde ein eigenes Tragwerk mit 44 m Breite und 14,5 m Höhe entwickelt, das vor einer hellblauen Fassade mit einem Albedo-Effekt von rund 50 % angebracht ist [5].

Anlage/AspektCSME NeuchâtelSolar Office NewcastleAkademie HerneExpo-Turm HamelnSolsmaragden
Drammen
LandSchweizEnglandDeutschlandDeutschlandNorwegen
Breitengrad46,99° N55,25° N51,32° N52,1° N59,74° N
Installierte Fassadenleistung (kWp)6973703,772115,2
Modulfläche (m2)59264678035,781243
AusrichtungSüdSüd +5°Süd –35°Süd 0 – 175°Ost / Süd / Südwest
/ West / Nordwest
Neigung90°60°90°0 – 90°90°
Zellartkristallines Silizium mit
Dünnschicht (HJT)
polykristallines
Silizium
monokristallines
Silizium
polykristallines
Silizium
monokristallines
Silizium
Zellfarbeblaublaublaublaugrün
Verschattungunbekanntneinteilweiseteilweiseteilweise
Sonstigesbifaziale Module
(Albedo ~ 50 %)
Bürogebäudesemitransparente
Module
zweiachsige Nachführung
(Südflügel)
fix installiert
Jahresertrag (kWh/kWp/a)787*752439899324 (Ost)
609 (Süd)
331 (West)

Tabelle 1: Kenngrößen ausgewählter fassadenintegrierter Photovoltaikanlagen (sofern bei den aufgelisteten Projekten auch Dachanlagen enthalten sind, handelt es sich bei den angeführten Zahlen nur jeweils um die fassadenintegrierten Anteile)

* Der Wert bezieht sich auf das erste Betriebsjahr, in dem gegenüber dem ressourcenseitig langjährigen Mittel eine um rd. 5 % höhere solare Einstrahlung vorlag [5]

3 / 5

Ähnliche Beiträge