Haniel-Campus in Duisburg-Ruhrort: In nur vier Jahren klimaneutral (Quelle: Franz Haniel & Cie.)
Der Stadtteil Ruhrort liegt in unmittelbarer Nachbarschaft zum Duisburger Hafen, am Schnittpunkt von Rhein und Ruhr, wo bis in die 1980er-Jahre hauptsächlich Kohle umgeschlagen wurde. Heute betreibt „duisport“, die Duisburger Hafen AG, den weltgrößten Containerumschlagplatz im Binnenland und eine der größten Logistikdrehscheiben Europas. Der Strukturwandel weg von der Kohle hat auch die umliegenden Stadtteile erreicht: Das Projekt Urban Zero in Duisburg-Ruhrort ist der weltweit erstmalige Versuch, einen ganzen Stadtteil binnen weniger Jahre umweltneutral zu gestalten. Initiiert wurde es von Investmentholding Haniel gemeinsam mit Gebag, duisport und Greenzero. Im Herzen von Ruhrort liegt der Campus des Familienunternehmens Haniel: Dieser geht mit gutem Beispiel voran und soll bereits 2025 energieautark sein. Das ambitionierte Projekt hat sich zum Ziel gesetzt, Wirtschaftlichkeit, Generationenverantwortung und effizienten Betrieb zusammenbringen – ganz im Sinne von Haniels Leitbild „enkelfähig“ zu sein.
Heterogener Gebäudebestand mit unterschiedlichen Anforderungen
Der Haniel-Campus ist ein gewachsenes Areal mit heterogenem Gebäudebestand, bestehend aus elf Einzelgebäuden – eine Mischung aus Gewerbe, Büros, Akademie, Gästehaus, Gastronomie und Parkhaus. Blickfang ist das über 100 Jahre alte historische Verwaltungsgebäude, der Unternehmenssitz von Haniel. Das denkmalgeschützte Gebäude wurde rundumsaniert und beherbergt heute eine moderne Arbeitsumgebung mit 92 Arbeitsplätzen, Lounges, Meetingräumen, Telefonboxen und einer „Enkelfähig-Bar“ als zentralen Treffpunkt für Vorträge und Veranstaltungen.
So unterschiedlich sich der Gebäudebestand auf dem Campus darstellt, so unterschiedlich sind die Anforderungen an die energetische Versorgung der Gebäude, die bisher unter anderem über Gaskessel und ein Blockheizkraftwerk erfolgte. Mit Blick auf die energetische Modernisierung des Areals besteht die Herausforderung darin, die unterschiedlichen Ansprüche hinsichtlich Wärme und Kälte in den einzelnen Gebäuden miteinander zu kombinieren und sie bedarfsgerecht bereitzustellen. Ziel ist ein energetisch optimierter Betrieb unter maximaler Nutzung regenerativer Energien bei gleichzeitiger Versorgungssicherheit.
Ausgangspunkt für die energetische Modernisierung des Haniel-Campus war ein von der NEK Energy entwickeltes Energieautarkiekonzept, basierend auf den bisherigen Verbräuchen, mit der Zielsetzung, den Gasverbrauch und die CO2-Emissionen so weit wie möglich zu reduzieren. Lava Energy wurde von Haniel nicht nur mit der Umsetzung des Konzepts, sondern auch mit der nachfolgenden Energieversorgung und dem Betrieb der Anlagen beauftragt. 2022 begannen die Arbeiten für das Projekt. Für die technische Umsetzung zog Lava Energy als Generalunternehmer mehrere Dienstleister hinzu.
Photovoltaik in Kombination mit reversiblen Luft-Wasser-Wärmepumpen
Um die geforderte maximale Heiz- und Kühlleistung zu erfüllen, fiel die Entscheidung auf den Einsatz zahlreicher leistungsstarker Photovoltaik- und PVT-Anlagen, ergänzt durch Nahwärme und -kälte aus reversiblen Luft-Wasser-Wärmepumpen sowie Eisspeicher für Lastspitzen bei der Kälteerzeugung. Bereits im ersten Bauabschnitt wurden auf zwei Gebäuden Photovoltaik- und PVT-Anlagen installiert. Die Anlagen treiben drei Wärmepumpen an, darunter zwei große, in Reihe geschaltete Luft-Wasser- und eine Sole-Wärmepumpe, die ihre Energie aus den verbauten PVT-Modulen bezieht. Diese drei Wärmepumpen trugen entscheidend dazu bei, dass die Reduktion des CO2-Ausstoßes auf dem Campus bereits im ersten Bauabschnitt mehr als die Hälfte des Zielwertes erreichte.
In zweiten Bauabschnitt, der noch im Jahr 2024 abgeschlossen wird, wurden auch die übrigen verfügbaren Flachdächer mit Photovoltaik- und PVT-Anlagen ausgestattet – auf insgesamt 1 500 m2 Fläche. Die Anlagen erbringen eine Gesamtleistung Ivon 350 kWp – genug, um auch drei weitere Wärmepumpen mit grünem Strom und die Gebäude mit Warmwasser aus regenerativer Energie zu versorgen. Ein zusätzlich verbauter Eisspeicher unterstützt die reversiblen Luft-Wasser-Wärmepumpen, sollte deren Kühlleistung an besonders heißen Tagen nicht ausreichen.